Streulicht - Deniz Ohde

Streulicht - Deniz Ohde

Deniz Ohdes Debütroman "Streulicht" beschreibt den Weg einer namenlosen Protagonistin durch die Wirren des deutschen Bildungssystems.

Aus der Ich-Perspektive beginnt die Reise mit einem Widersehen mit dem Vater, einem Industriearbeiter, der zigaretterauchend allein in einer kleinen Wohnung lebt. Die Protagonistin ist eigentlich ist sie nur da um die Hochzeit einer Freundin zu besuchen. Doch mit der Rückkehr an den Ort der Kindheit und Jugend kommen die Erinnerungen an eben jene. Das Buch reiht sich ein in das Genre der Arbeiterkinderromane, welche Lebenswege jener Menschen nachzeichnen, die aus den Arbeitermilieus heraus in die Welt starten. In diesem Fall kommt zur strukturellen klassistischen Diskriminierung ein weiterer Aspekt der Herkunft der Protagonistin ins Spiel. Ihre Mutter stammt aus einem ländlichen Teil der Türkei. Obwohl sie in Deuthschland geboren ist, deutsch ihre Muttersprache ist spielt die mütterliche Herkunft in der Sozialisation der Protagonistin eine Rolle, zu sehr stigmatisieren ihr Name (er wird mit A- abgekürzt, jedoch wird mehrfach erwähnt, das er nicht nach einem typisch deutschen Mädchennamen klingt) und ihr Aussehen. Und so endet der erste Bildungsweg plötzlich und auch für den Leser unerwartet nach einem langem Kampf mit dem schulischen Lehrplan.

Und so beginnt die Reise durch den zweiten Bildungsweg gemeinsam mit anderen vorerst Gescheiterten. Es bleibt die Angst vor der häuslichen Gewalt des trinkenden Vaters, die Stigmatisierungen der Schule deren Schüler den Abendschülern mit "Loser"-Graffitis auf dem Vertretungsplan deutlich zeigen welchen Platz sie im sozialen Gefüge einnehmen. Doch auch der so schwer erkämpfte Abschluss und der Gang zur Universität bilden nicht das Happy End. Nach dem Abschluss der Schule wartet eine neue Welt auf die Protagonistin, die Welt des Studiums und die Jobwelt. Deren geheime Codes und Vorraussetzungen sind der Protagonistin fremd und so fallen Entscheidungen beispielsweise über das richtige oder falsche Praktikum schwer. Doch sind es genau diese feinen Unterschiede, die entscheiden wer in den feien Frankfurter Büros an den sauberen Schreibtischen arbeit und wer, fast schon heimlich, diese Sauberkeit in prekärer Arbeit herstellen muss.

Das Buch war in den Feuilletons der letzten Zeit allgegenwärtig. Es reiht sich ein in die in die Erzählungen der sog. Arbeiterkinder, deren Geschichten seit Didier Eribons "Rückkehr nach Reims" immer zahlreicherer in die Buchhandlungen drängen. Eine deutsche, weibliche und migratische Perspektive fehlte hierbei bisher. Diese Lücke kann Deniz Ohdes "Streulicht" hervorragend füllen.

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