Tiger - Ronnie Sandahl

Tiger - Ronnie Sandahl

Vor Kurzem gab es in der NDR Mediathek den schwedischen Film Tiger zu sehen. Es handelt sich um die Verfilmung des Buches "Skuggan av San Siro" des schwedischen Autors Martin Bengtsson, welcher als Jugendlicher den Traum eines jeden fußballbegeisterten Kindes lebt und Profifußballer beim italienischen Topklub Inter Mailand wird.

Es ist das Jahr 2004 (Das Problem ist jedoch nicht auf die frühen 2000er beschränkt. Eine aktuelle Dokumentation der Sportschau berichtet Gleiches zum Umgang mit jungen Fußballprofis), Zlatan Ibrahimovic beginnt in Turin seine beeindruckende Karriere und Martin Bengtsson gilt als noch größeres Talent. Doch die Ankunft im Inter-Jugendinternat erweist sich als schwierig. Martin spricht kein Italienisch, er wohnt entgegen seinem im Vertrag festgelegten Konditionen nicht auf einem Einzelzimmer und der Konkurrenzkampf mit den anderen Jugendspielern ist gnadenlos.

Der Verein legt auch wenig Wert auf die Persönlichkeitsentwicklung der jungen Männer, der Umgang mit seiner neuen Freundin Vibeke wird Martin beispielsweise vom Verein untersagt. Eine Betreuung abseits eines strengen Hauswartes und dem Fußballtraining findet nicht statt. Nur die Welt des Konsums steht allen offen. Der bescheidene Wunsch nach einer Gitarre wird auf Zureden seines Freundes Ryan recht schnell zum Kauf eines Sportwagens, und das, obwohl Martin als 16-Jähriger nicht selber fahren darf. An dieser Stelle weicht der Film deutlich von der Buchvorlage ab.

Der reale Martin Bengtsson kauft eine Gitarre und schreibt eigene Songs, die jedoch vom Internatsleiter weggeworfen werden. Der Film nimmt sich auch an vielen anderen Stellen die Freiheit, aus dramaturgischen Gründen von der Vorlage abzuweichen. Herausragend sind dabei die Fußballszenen inszeniert. Mit Teleobjektiven extrem gestaucht eingefangen wird Fußball zu einem Spiel, das zu weiten Teilen ohne den Ball stattfindet. Das sind durchaus ungewohnte Bilder, ist doch in Fußballübertragungen meist gefilmt von den Stadiontribünen mit dem Ball im immer Bild. In den Dialogen der Spieler untereinander spielt deren "Marktwert" immer eine Rolle. Ein gefeuerter Spieler, der bei seiner Abschiedsparty betrunken auf ein Gerüst klettert, wird von den anderen Spielern mit den Worten zurückgelassen; "Ich bin 500000 Euro wert und du nicht mehr als ein Cheeseburger".

Tiger funktioniert als Film ganz hervorragend. Auch wenn seine Erzählstruktur in 4 Akten entlang der 4 Jahreszeiten ist nicht sehr originell, funktioniert aber gut. Ich kannte die Geschichte vorher nicht und erwartete zum Ende das kitschige erlösende Tor im ausverkauften San-Siro-Stadion. Doch es kommt anders.

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