Triangle of Sadness - Ruben Östlund

Triangle of Sadness - Ruben Östlund

Die schwarze Komödie von Ruben Östlund ist einer der besten Filme, den ich seit Jahren gesehen habe. Der Film dreht sich um Macht und Herrschaftsverhältnisse. Die filmische Darstellung der Klassengesellschaft erinnert dabei an "Parasite". Auch hier werden stark überzeichnete Charaktere in einem kleinen Soziotop dargestellt. Ist es bei Parasite eine Villa in Südkorea, in Triangle of Sadness eine Luxusjacht. Das erste der insgesamt 3 Kapitel beginnt jedoch in einer sterilen Halle bei einem Modecasting. Junge Models werden von einer blasierten Jury bewertet. Unter anderem der eine der Hauptfiguren. Carl wird das Vorhandensein einer "Triangle of sadness" bescheinigt, gemeint ist der Bereich der Stirn, in dem sich Sorgenfalten bilden. Das Casting scheint nicht gut zu laufen. Erfolgreicher ist Carls Freundin Yaya. Sie verdient mehr Geld als er, was aber nicht bedeutet, das ihre Kreditkarte immer gedeckt ist. Die beiden leben ein Influencerleben. Ihre Social-Media-Accounts sind ihr wichtigstes Kapital. Dementsprechend wird jeder Moment geteilt und inszeniert. Als Werbekörper kommen sie so auch zu jeder Menge für sie kostenloser Vergnügungen, so auch zu einer Luxuskreuzfahrt, welche die Kulisse für den Hauptteil des Filmes darstellt. Die abgeschlossene Welt des Schiffes ist dabei unterteilt in 3 Klassen. Die reichen Reisenden, denen jeder Wunsch erfüllt wird, stehen dabei ganz oben. Um ihnen die Zeit so angenehm wie möglich zu machen, befindet sich eine Heerschar von Angestellten auf dem Schiff. Diese sind jedoch räumlich und äußerlich voneinander getrennt. Während die durchweg europäisch aussehenden Stewards und Stewardessen auf ein großes Trinkgeld hoffen können und sich in matrosenähnlicher Uniform um die Passagiere kümmern, gibt es im unteren Teil des Schiffes die Räume der überwiegend migrantischen MechanikerInnen und Putzkräfte. Sie arbeiten unsichtbar im Verborgenen. Teilen sie sich den Raum mit den Passagieren, weil sie beispielsweise vor Reiseantritt das Deck putzen, dann kommt es zu Konflikten. Der willkürlichen Beschwerde über Auftreten(rauchen) oder Aussehen(nackter Oberkörper) folgt dabei die sofortige Kündigung und Bootsfahrt an Land.

Die grandiosen Dialoge und Szenen persiflieren dabei mit einer gewissen Verachtung die Welt der Superreichen. Einer Welt, in der ein Glas Nutella auch mit dem Helikopter eingeflogen wird, wenn es sein muss.[1]
Auch werden einfache Ideen wie die einer Reisenden gemeinsam mit einer der Stewardessen zu baden, zur Zurschaustellung von Macht, an deren Ende alle Angestellten des Schiffs im Meer baden müssen. Auch die Köche des Kapitänsdinners, wodurch die auf der Karte stehenden Meeresfrüchte eine halbe Stunde ungekühlt rumliegen.
Das Dinner stand aber eh unter unguten Vorzeichen. Kapitän Thomas Smith verbringt seine Zeit am liebsten allein betrunken in seiner Kabine. Die Arbeit wird von seinen Offizieren erledigt, deren Warnungen er zu gerne ignoriert. Deshalb ist das Dinner an einem Tag mit schwerem Seegang angesetzt, in Kombination mit verdorbenen Meeresfrüchten eine fatale Kombination. Die bis dahin amüsante Fahrt geht in Exkrementen und Erbrochenem unter, wobei die Kamera bis weit über jede Schmerzgrenze hinaus draufhält. Diese Szene wird in Erinnerung bleiben! Ebenso wie der wenig subtile betrunkene Schlagabtausch zwischen dem marxistischem Kapitän Smith und dem überzeigten Neoliberalen Dimitry, die sich Marx, Reagan und Thatcherzitate um die Ohren werfen. Natürlich nicht ohne die Sprechanlage anzuschalten und mit großer Freude zu behaupten, das Schiff würde sinken, was die vom Seegang und verdorbenen Mägen geplagten Passagiere in Panik versetzt.
Als sei das nicht genug, wird das Schiff von Piraten angegriffen und sinkt. Einige der Passagiere können sich auf eine nahe Insel retten. Hier wird das Gesellschaftsgefüge auf den Kopf gestellt. Abigale, eine der Putzkräfte, ist die Einzige, die grundlegende Überlebensfähigkeiten besitzt und für Essen und Feuer sorgen kann. Sie nutzt diesen Vorteil, um sich selbst an die Spitze der Gruppe zu stellen. Mit eigenem festem Schlafplatz und nach kurzer Zeit auch allen - nun wertlosen - Luxusuhren und Ketten der anderen Überlebenden. Der Film endet furios mit einem offenen Ende, das nach meinem Kinobesuch Ansatzpunkt für Diskussionen wurde. Eine unbedingte Empfehlung!


  1. Es handelt sich beim Film jedoch nicht um eine Sozialstudie, sondern um eine Komödie mit entsprechend überzeichneten Figuren. ↩︎

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